Die Geschichte der Coca‑Cola Konturflasche
Die Entstehung einer Kulturikone
Ein erfrischendes Erbe
Eine der weltweit berühmtesten Formen hat wohl die ikonische Coca‑Cola Konturflasche mit ihrer Riffelung. Die Flasche gilt als Designklassiker, wurde vom bekannten Industriedesigner Raymond Loewy als die «perfekte Flüssigkeitsverpackung» bezeichnet und in Kunst, Musik und Werbung gefeiert. Andy Warhol integrierte sie in seinen Werken als Symbol der Massenkultur, und als Volkswagen die Form seines Käfers zelebrierte, verglich das Unternehmen das Auto mit der Flasche.
Doch wie wurde die Flasche eigentlich zu einer solchen Ikone?
Am Anfang stand der Wunsch, die Marke Coca‑Cola zu schützen, wofür die Coca‑Cola Company und ihre Abfüllbetriebe zusammenspannten.
Die Geburt einer Ikone
1899 reisten die beiden Rechtsanwälte Joseph Whitehead und Benjamin Thomas aus Chattanooga, Tennessee, nach Atlanta, Georgia, um über die Rechte zur Abfüllung von Coca‑Cola zu verhandeln. Das Produkt, das erst 13 Jahre zuvor erfunden worden war, erfreute sich in den Soda Fountains – d. h. den Soda-Bars in Drogerien, an denen ein Barkeeper Getränke ausschenkte – einer immer grösseren Beliebtheit. Im Jahr 1886 gingen von dem Getränk pro Tag durchschnittlich erst ungefähr neun Gläser über den Tresen. Um 1900 war Coca‑Cola dann bereits in allen US-Bundesstaaten erhältlich. Thomas und Whitehead wollten aus der Beliebtheit des Getränks Kapital schlagen, indem sie es in Flaschen abfüllten, damit man es auch ausserhalb der Soda Fountains konsumieren konnte.
Die beiden schlossen einen Vertrag, unter dem sie das Land aufteilen und die einzelnen Gebiete an Unternehmen verkaufen konnten, die das nötige Geld für Glas, Lastwagen und Geräte beisteuern würden, um das Abfüllgeschäft zu starten. Sie gründeten die Coca‑Cola Bottling Company und begannen damit, im Franchising-Verfahren Rechte für die Abfüllung von Coca‑Cola in Städten in den gesamten USA zu vergeben. 1920 gab es dann bereits über 1200 Abfüllanlagen. Der Absatz des Getränks in den Soda Fountains sowie in Flaschenform stieg weiter an. Die Popularität führte allerdings auch dazu, dass Dutzende von Konkurrenten versuchten, das berühmte Markenzeichen der Coca‑Cola Company nachzuahmen, um die Bevölkerung zum Kauf ihrer Getränke zu verleiten.
Die damals verwendeten Flaschen waren geradlinig und typischerweise aus braunem oder farblosem Glas. Die Coca‑Cola Company verlangte von den Abfüllern, dass sie das berühmte Coca‑Cola-Logo auf jede Flasche prägten. Konkurrierende Marken wie Koka-Nola, Ma Coca-Co, Toka-Cola und sogar Koke kupferten jedoch das Logo im Spencerian-Script-Schriftzug ab oder änderten es leicht. Die Flaschen der Konkurrenz sorgten für Verwirrung unter den Konsument:innen. Die Coca‑Cola Company ging zwar gerichtlich gegen diese Verstösse vor, doch die Verfahren zogen sich oft über Jahre hin, und vonseiten der Abfüller wurden immer mehr Stimmen nach Schutzmassnahmen laut.
Als erste Schutzmassnahme im Sinne der Abfüller führte die Coca‑Cola Company 1906 ein rautenförmiges Papieretikett mit einem farbigen Markenzeichen ein, um sich von den Nachahmern abzuheben. Da Coca‑Cola jedoch oft aus mit Eiswasser gefüllten Fässern verkauft wurde, lösten sich diese Etiketten leider ab. Einigen Konkurrenten wie Koka-Nola gelang es zudem, auch dieses Etikett nachzuahmen.
Innovative Lösung
1912 teilte die Coca‑Cola Bottling Company ihren Mitgliedsfirmen mit, dass die Coca‑Cola Company zwar über ein unverwechselbares Logo verfüge, aber keine Möglichkeit habe, ihr Geschäft zu schützen. Man schlug den Mitgliedern vor, sich zusammenzuschliessen und eine für ihr Produkt «unverwechselbare Verpackung» zu entwickeln.
Am 26. April 1915 sprachen sich die Trustees der Coca‑Cola Bottling Association dafür aus, bis zu 500 US-Dollar in die Entwicklung einer unverwechselbaren Coca‑Cola Flasche zu investieren. Daraufhin wurde unter acht bis zehn Glasmanufakturen in den USA ein Wettbewerb ausgerufen. Der einfach formulierte Auftrag lautete, «eine unverwechselbare Flasche zu entwerfen, die selbst im Dunkeln oder in zerbrochenem Zustand ertastbar und erkennbar ist».
Die Wurzeln reichen zurück in die Root Glass Company
Auch die Root Glass Company in Terre Haute in Indiana wurde zur Teilnahme aufgefordert. Dort wurde sogleich ein Meeting einberufen, um die Umsetzung des Auftrags zu besprechen. Das Root-Team setzte sich aus C. J. und William Root, Alexander Samuelson, Earl Dean und Clyde Edwards zusammen. Der Betriebsleiter Samuelson, ein schwedischer Einwanderer, schickte Dean und Edwards in die örtliche Bibliothek mit der Aufgabe, nach Gestaltungsmöglichkeiten zu suchen. Die Idee für die Flaschenform kam dem Team beim Betrachten des Bildes einer länglichen Kakaoschote mit klar erkennbaren Rippen. Daraufhin wurde die Idee zur Flasche entwickelt, und Dean skizzierte die heute bekannte typische Form sorgfältig auf dickes Leinenpapier. Unter Samuelsons Anleitung wurden schliesslich einige Musterflaschen produziert.
Die Root Glass Company meldete unter Samuelsons Namen ein Patent an, das am 16. November 1915 erteilt wurde. Dieses Datum wurde später auch in den Schriftzug auf dem endgültigen Flaschendesign integriert. Interessanterweise erfolgte die Patentanmeldung ohne den charakteristischen, geprägten Coca‑Cola-Schriftzug. Dies, um die Designherkunft und den Endkunden geheim zu halten.
Anfang 1916 stimmte dann ein Ausschuss, der sich aus Abfüllern und Unternehmensvertretern zusammensetzte, über das definitive Design der Glaskonturflasche ab. Die Root-Version ging klar als Sieger hervor. Die Coca‑Cola Company schloss daraufhin mit der Root Glass Company einen Vertrag, wonach sechs Glasmanufakturen in den USA die Flaschenform verwenden sollten. Als Farbe für die Flaschen war gemäss Vertrag der hellgrüne Farbton «German Green» vorgesehen, der später in Anlehnung an den Heimatstaat der Coca‑Cola Company in «Georgia Green» umbenannt wurde. Das Glas musste mindestens 14,5 Unzen wiegen, was bei einer Füllung mit 6,5 Unzen Coca‑Cola bedeutete, dass jede Flasche mehr als ein Pfund wog!
Alle mit ins Boot holen
Die Produktion der Flasche begann zwar Anfang 1916, doch nicht alle Abfüller waren sofort bereit, ihren Flaschenbestand zu ersetzen. Für viele waren die Glasflaschen nämlich der kostspieligste Teil ihres Geschäfts, und sie mussten erst von einem Wechsel überzeugt werden. Die Coca‑Cola Company lancierte daher eine nationale Werbekampagne für die exklusive Flasche. 1918 erschien der erste landesweite Kalender der Coca‑Cola Company, in dem die Flasche zu sehen war, und ab 1920 verwendeten die meisten Abfüller die charakteristische Flasche.
Patente laufen nach 14 Jahren ab (das Patent auf die Flasche wurde 1937 erneut verlängert), doch 1951 waren schliesslich sämtliche Patente auf die Flaschenform abgelaufen. Das Unternehmen wandte sich daraufhin an das Patentamt mit dem Anliegen, dass der Form der Flasche, dieser allbekannten «charakteristischen Konturflaschenform», der Status eines Markenzeichens verliehen werde. Es war zwar damals höchst ungewöhnlich, dass eine kommerzielle Verpackung diesen Status erhielt, doch am 12. April 1961 wurde die Coca‑Cola Flasche trotzdem als Marke eingetragen. Dies war zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass eine Studie aus dem Jahr 1949 belegte, dass über 99 Prozent der Amerikaner:innen die Flasche allein an ihrer Form erkennen konnten.
Nun kennst du die Entstehungsgeschichte der Flasche, doch wie fand sie im Laufe der Jahre ihren Weg in die Sphären des kulturellen Lebens?
Von kultureller Bedeutung
Andy Warhol ist zwar als Künstler am bekanntesten dafür, die Coca‑Cola Flasche in seinen Werken verwendet zu haben. Doch als erster bekannter Künstler porträtierte Salvador Dalí 1943 eine Flasche in seinem Gemälde «Poetry of America». In den späten 1940er-Jahren integrierten dann auch weitere Künstler wie Sir Eduardo Paolozzi die Flasche in ihren Werken. Robert Rauschenberg verwendete die Coca‑Cola Flaschen in seiner 1958 entstandenen Skulptur «Coca‑Cola Plan». Mit Warhols Verwendung der Flasche in seiner Ausstellung «The Grocery Store» im Jahr 1962 hat sich die Pop-Art-Bewegung endgültig etabliert, und die Flasche wurde zu einem beliebten Objekt für nachfolgende Künstlergenerationen. Warhols Zitat aus seinem 1975 erschienenen Buch «Die Philosophie des Andy Warhol» fasst zusammen, warum der Künstler die Flasche als Symbol der Massenkultur wählte.
«Das ist das Phantastische an diesem Land: In Amerika ist es seit jeher so, dass auch der reichste Verbraucher im Wesentlichen das Gleiche kauft wie der ärmste. Du siehst Coca‑Cola im Fernsehen und kannst sicher sein, dass der Präsident seine Cola trinkt, dass Liz Taylor Cola trinkt – und du selbst kannst auch eine Cola trinken! Coca‑Cola ist und bleibt Coca‑Cola, und für kein Geld der Welt kannst du irgendwo eine Cola herkriegen, die besser wäre als die, die der Penner an der nächsten Ecke trinkt. Es ist immer die gleiche Coca‑Cola, und sie ist immer gleich gut. Das weiss Liz Taylor, das weiss der Präsident, das weiss der Penner, und du selber weisst das auch.»
Die Konturflasche wird immer für Coca‑Cola stehen. Doch das Unternehmen wird auch weiterhin innovativ sein und sich weiterentwickeln, um künftigen Bedürfnissen gerecht zu werden.